Wo als Tages-Special ein Pink Latte serviert wird: Ev. Kita Steinbach überzeugt mit Ernährungskonzept
In der Evangelischen Kita in Ottweiler-Steinbach wird das saarländische Motto „Hauptsach‘ gudd gess“ im Alltag mit Leben gefüllt und den Kindern nahegebracht. Hintergrund ist ein ganzheitliches Ernährungskonzept, das auch schon mit dem Saarländischen Ernährungspreis ausgezeichnet wurde.
„Hauptsach‘ gudd gess“ ist das klassische saarländische Lebensmotto. In der Evangelischen Kindertagesstätte in Ottweiler-Steinbach wird dieses Motto nicht nur mit Leben gefüllt, sondern auch alles, was damit zusammengehängt, den Kindern nahegebracht. Für ihr Ernährungskonzept war die Kita im vergangenen Jahr mit dem Saarländischen Ernährungspreis 2022 von Umweltministerium und IKK ausgezeichnet worden. Nun machte sich Ministerin Petra Berg mit ihrem Team ein Bild von der Arbeit vor Ort.
Heiter geht es zu im Steinbacher Kitaalltag in den verschiedenen Gruppenräumen. Ökologie und Ernährung zwei wesentliche Schwerpunkte der pädagogischen Arbeit, aber andere Angebote kommen auch nicht zu kurz. So gibt es beispielsweise auch ein Atelier oder ein gemütliches Lesezimmer mit einer kleinen Bibliothek. Ein besonderes Highlight und Teil des ausgezeichneten Konzepts ist der hintere Außenbereich, in dem Obst und Gemüse angebaut werden.
Lernen, was woher kommt – im Gemüsegarten
Dort warten schon Mia und Lucie. Sie gehören zu den älteren Kindern der Einrichtung. Hochmotiviert zeigen sie den Gästen „ihren“ Gemüsegarten mit Kräuterschnecke und Beeten, in dem sie zusammen mit den anderen Kindern und Erzieherinnen gewirkt haben. Sie können aufzählen, was alles angebaut wird – ein bunter Mix aus Gemüsesorten und Kräutern – und wissen auch, was davon beispielsweise in den Salat kommt. Derzeit, im Mai, ist noch nicht viel zu sehen. Und auch die letzte Ernte war leider nicht so wie erhofft. „Die Schnecken haben fast alles abgefressen“, bedauern die Mädchen.
Lesen können die beiden noch nicht. Das ist aber auch nicht nötig. Fotos stecken an den Stellen in der Erde, an denen die jeweiligen Gemüsesorten wachsen sollen. Mia und Lucie kennen sie alle. Ein Praxistest mit einem zufällig herausgezogenen Bild einer grünen Rolle. „Zucchini!“, ruft Mia, wie aus der Pistole geschossen, während die Erwachsenen noch versuchen, das Gemüse auf dem sehr kleinen Foto zu identifizieren.
Sehen und schmecken, was drin ist
Ein Zufall ist das nicht. Dass schon die Kleinen alle Gemüsesorten kennen, ist Teil des ganzheitlichen Gesamtkonzepts, das Kita-Leiterin Christine Edel erläutert. Als sie in der Kita anfing, habe es beispielsweise ausschließlich pürierte Suppen gegeben, erzählt sie kopfschüttelnd, meistens aus Mischgemüse. „Die Kinder hatten keine Chance herauszufinden, was drin ist.“
In der Zwischenzeit hat sich viel gewandelt. Jetzt können die Kinder schon auf dem Weg in den Speisesaal erfahren, was es an einem Tag zu essen gibt und was die Bestandteile sind: Im Gang hängt das reich bebilderte Menü an der Wand. Der helle, freundliche Saal selbst hat eine offene Küche, an der eine Hauswirtschafterin das Mittagessen täglich frisch und vor Ort zubereitet. Heute schnippelt sie gerade Karotten und Staudensellerie für eine Linsen-Bolognese-Sauce.
Deutlich mehr Aufwand sei das Kochen vor Ort, erklärt Edel: „Es braucht viel Anstrengung und Logistik und viel Platz zum Kühlen.“ Aber das Engagement lohne sich, man schmecke den Unterschied. „Manche Eltern würden am liebsten mitessen“, freut sich die Leiterin. Die Kinder könnten der Hauswirtschaftskraft beim Kochen zuschauen und manchmal, wie am Backtag, auch mithelfen. Fast wie zuhause.
Verpflegung am Buffet mit Specials zum Probieren
Was oder wie viel sie essen, ist den Kindern freigestellt. Es gibt keine vorgefertigten Teller, keine Portionen, sondern ein Buffet im hinteren Bereich des Saals, an dem sich alle nach Belieben den Teller füllen. Das ist auch schon beim Frühstück so, das beim Besuch der Ministerin gerade zu Ende geht. Reichhaltig ist es und abwechslungsreich, weil die Erzieherinnen auch immer wieder etwas Neues ausprobieren. Das Special des Tages: der „Pink Latte“, eine Mischung aus Milch und Rote Bete-Saft, der in Schnapsgläschen serviert wird. „Zum Probieren“, wie eine Erzieherin sagt. Allein die interessante Farbe würde viele Kinder dazu motivieren, das Ungewohnte zu testen. In der Tat ist die Geschmackskombination auf den ersten Schluck gewöhnungsbedürftig, entfaltet dann aber durchaus Charme.
Auffallend ist die Ruhe im Speisesaal. Kein Geschreie, kein Gezanke. Wer fertig ist, gibt sein Geschirr ab. Niemand wird zum Essen gezwungen, wer nur dabeisitzen oder Tee trinken möchte, darf das auch. „Manchmal sind die Kinder zu aufgeregt oder sie wollen gleich spielen gehen und essen beim Frühstück nichts“, erzählt Edel. Das sei aber kein Problem, denn zwischen den Mahlzeiten stehe immer eine Obstplatte bereit, an der sich die Kinder bedienen dürften, für den größten Hunger.
Apropos Obst, das wird in der Kita Steinbach regional eingekauft, wie die meisten Lebensmittel. Auch das Fleisch kommt von einem ortsansässigen Metzger. Zudem erhält die Einrichtung eine Zuteilung vom saarländischen „Schulobst“-Programm, bei dem auch Kitas beliefert werden. So ganz verträgt sich das aber nicht mit dem saisonal-regionalen Steinbacher Konzept, wie Leiterin Christine Edel kritisch anmerkt. Denn das Obst aus dem Programm sei zwar immer Bio und fair gehandelt, „aber wenn die faire Banane von irgendwoher stammt und wir im Oktober eine Ananas bekommen“ sei das schwierig zu vermitteln. Die Delegation des Umweltministeriums nimmt die Kritik auf. Ministerin Petra Berg wird den Kindern später erklären, dass sie und ihre Mitarbeitenden sich darum kümmern, „dass es immer gutes Essen in der Kita gibt“.
„Grünes Bistro“ für Klein und Groß im Ausblick
Daran arbeiten auch Christine Edel und ihr Team der Kita Steinbach. Vieles wurde schon umgesetzt, sie wollen das Ernährungskonzept in den nächsten Monaten noch weiter ausbauen. Dabei wird ihnen auch ein Teil des Geldes aus dem Ernährungspreis helfen. Geplant ist der Anbau einer Terrasse, die vom Speisesaal aus ebenerdig zugänglich sein soll. Der Speisesaal werde dadurch „nochmal mehr den Charakter eines ‚grünen Bistros‘ erhalten“, sagt Edel. Eltern und Großeltern könnten im Außenbereich Platz nehmen und Kaffee trinken, in Sichtweite der Kinder, aber doch für sich.
Die finanziellen Mittel seien vorhanden, die Sitzgarnituren bereits gebaut, derzeit liefen noch die Verhandlungen mit der Evangelischen Kirchengemeinde, die Eignerin des Grundstücks ist. Von ihrem Dachverband, dem Verband Evangelischer Kindertageseinrichtungen im Saarland (VEKiS), hat die Einrichtung schon grundsätzlich grünes Licht signalisiert bekommen für die Pläne. Sollte es mit dem Terrassen-Projekt klappen, möchte sich die Kita Steinbach auch auf jeden Fall wieder beim nächsten Ernährungspreis bewerben.